22.05.2019

Ziviler Nutzen der militärischen Kaderschulung - persönlich ja, gegenüber Amtsstellen?

Als selbständiger Unternehmer bilden wir in einer meiner Firmen Lehrlinge aus. Dafür muss man aber zuerst einen einwöchigen Kurs vom Kanton absolvieren. Als ich damals (noch aktiver Hptm) intervenierte und meine Erfahrung als Milizkader vorwies, hiess es: «das Ausbilden von Lehrlingen hätte nichts mit Strammstehen und Befehlston zu tun. Dieser Kurs sei obligatorisch und müsse von jedem Berufsbildner absolviert werden.» Zu viel staatliche Bürokratie. Kommentar von Fernando Binder zur Aktualität.

Ich möchte hier gleich zu Beginn vorwegnehmen, dass ich vom persönlichen Nutzen der militärischen Kaderausbildung überzeugt bin und dass dieser mir in meiner beruflichen Karriere viel gebracht hat, um an diese Position zu kommen, an welcher ich mich heute befinde. Dennoch möchte ich hier ein Müsterchen wiedergeben, wo die staatliche Bürokratie dem widerspricht. 

Ich habe eine klassische Militärkarriere noch nach alter Schule absolviert. So wurde ich nach der RS für fähig erachtet, eine Gruppe von 8 bis 10 Rekruten führen zu können und ging in die UOS mit nachfolgendem Abverdienen. Während des Abverdienens wurde ich für fähig erachtet, einen Zug mit ca. 30 Rekruten zu führen. Danach folgte die OS und das Abverdienen des Leutnants. In meinem dritten WK wurde ich dann schliesslich für fähig erachtet, eine Kompanie zu führen. Nach meinem Abverdienen erhielt ich eine Regimentsstabskompanie mit ca. 200 AdA. Es ging dann weiter die Leiter hoch und auf den 1. Juli 2019 werde ich zum Oberst befördert. 

Als selbständiger Unternehmer bilden wir in einer meiner Firmen Lehrlinge aus. Dafür muss man aber zuerst einen einwöchigen Kurs vom Kanton absolvieren. Als ich damals (noch aktiver Hptm) intervenierte und meine Erfahrung als Milizkader vorwies, hiess es: «das Ausbilden von Lehrlingen hätte nichts mit Strammstehen und Befehlston zu tun. Dieser Kurs sei obligatorisch und müsse von jedem Berufsbildner absolviert werden.» 

Ich habe diese Aufforderungen des Kantons in der Folge ignoriert, denn in einem einwöchigen Kurs kann man unmöglich das an Menschenführung lernen, was man während über einem Jahr an praktischen Diensten und Wiederholungskursen lernt. Als der Kanton dann die Schraube anzuziehen versuchte und mir drohte die Lehrlinge wegzunehmen, weil ich den Kurs nicht besucht habe, stellte ich kurzentschlossen meine Frau in einem Teilzeitpensum an, schickte sie an den Kurs und die Angelegenheit war für den Kanton erledigt.

Ich kann abschliessend hierzu nur sagen, dass wir bis heute alle unsere Lehrlinge erfolgreich durch die Abschlussprüfungen gebracht haben. Dies auch teilweise in schwierigen Situationen, wo die Eltern in Scheidung waren, die Lehrlinge die Lehre abbrechen wollten, Finanzprobleme hatten usw.

Fernando Binder , fmb-ingenieure.ch – Beratende Ingenieure, Baar 

Der Verfasser ist Vorstandsmitglied der OG Zug und hat an der Generalversammlung der OG Zug, nach dem Referat von KKdt Daniel Baumgartner, in der Diskussion diese persönlichen Erlebnisse geschildert.